Goldpreis kratzt am Allzeithoch – Dollar schwach

14.08.2024 02:46

Zu Beginn der Woche verzeichnete der Goldpreis einen Anstieg von über 1% und erreichte am Dienstag ein Hoch bei 2.476$, womit er seine Erholung nach dem Abverkauf infolge des Einbruchs am japanischen Aktienmarkt vor einer Woche fortsetzte. Der Goldpreis kann in diesem Jahr bisher ein Plus von 19% verbuchen, nach einem Plus von 13% im Vorjahr. Wir sehen aktuell eine gewisse Preisunterstützung durch die Hoffnung auf baldige Zinssenkungen in den USA, sowie ein wenig Nachfrage nach sicheren Häfen aufgrund geopolitischer Spannungen. Bei israelischen Militärschlägen auf Khan Younis wurden am Montag mindestens 18 Menschen getötet und mehrere verwundet, während das ukrainische Militär erklärte, seine Truppen hielten nun 1000 km² russisches Territorium im Rahmen des laufenden Angriffs.

Es ist bemerkenswert, dass der jüngste Bank Participation Report offenlegt, dass die US-Großbanken aktuell die größte Short-Position in Gold auf dem Terminmarkt seit Anfang 2020 halten. Auch die großen 4 Händler an der COMEX halten aktuell mit 57 Tagen der Weltproduktion die größte Shortposition der Geschichte. Bereits im Vorfeld der Corona-Pandemie versagte dieser ansonsten verlässliche Indikator einmal, was die Frage aufwirft, ob dieser antizyklische Indikator auch diesmal seine übliche Zuverlässigkeit verlieren könnte, insbesondere da die Herkunft der aktuellen Goldnachfrage weiterhin unklar bleibt.

Der World Gold Council (WGC) stellte in seinem jüngsten Halbjahresbericht fest, dass die physische Goldnachfrage im ersten Halbjahr rückläufig war, weshalb man sich den Anstieg des Goldpreises mit anonymen OTC-Geschäften (Over The Counter) unbekannter Herkunft erklärt. Solange diese anonymen Käufer weiterhin aktiv sind und die physische Nachfrage stark bleibt, dürfte sich auch der Goldpreis stark halten, unabhängig dem Fakt, dass diese Rallye im historischen Vergleich sehr außergewöhnlich bleibt.

Auch der Silberpreis kletterte erneut bis an den Widerstand bei 28$, nachdem dieser in der Vorwoche ein Tief von 26,50$ erreichte. Die Sorge vor einer globalen Rezession belastete den Silberpreis zuletzt stärker, da es sowohl ein Edelmetall als auch ein Industriemetall ist. Ein Rückgang der industriellen Nachfrage in einer Rezession wird den Silberpreis kurzfristig stärker belasten als den Goldpreis, der diametral gegensätzlich sogar verstärkte Nachfrage erfahren kann aufgrund seiner Funktion als sicherer Hafen. Aktuelle Daten vom Terminmarkt zeigen, dass der kürzliche Preisrückgang von Silber nicht durch Spekulanten, sondern durch einen Rückgang der physischen Nachfrage verursacht wurde.

Die am Donnerstag veröffentlichten US-Arbeitslosenansprüche lagen mit 233 Tsd. unter der Prognose von 240 Tsd. sowie dem vorherigen Wert von 250 Tsd., was keinen großen Einfluss auf den Goldpreis hatte. Der gestern veröffentlichte Produzentenpreisindex (PPI) stieg um 2,2% im Jahresvergleich an, was unter der Prognose von 2,3% und deutlich unter dem vorherigen, revidierten Wert von 2.7% liegt. Die Märkte hatten hier mit einem Anstieg des PPI gerechnet, worauf der US-Dollar in die Knie ging. Der Goldpreis konnte von der Dollarschwäche jedoch nicht profitieren, sodass der Goldpreis in Euro gestern im Tagesverlauf rund 15€ verlor. Auf monatlicher Basis stieg der PPI um 0,1%, was ebenfalls unter der Prognose von 0,2% und dem vorherigen Wert von 0,2% liegt. Der Core PPI, der die volatilen Preise für Nahrungsmittel und Energie ausschließt, stieg um 2,4% im Jahresvergleich, was deutlich unter der Prognose von 2.7% und dem vorherigen Wert von 3% liegt. Dies signalisiert eine Abschwächung des zugrunde liegenden Inflationsdrucks und erhöht die Wahrscheinlichkeit einer Zinssenkung der Federal Reserve bei ihrer Sitzung im September.

Der US-Dollar-Index fiel als Reaktion auf den Rückgang der Produzentenpreise erneut auf 102 Punkte, während der Euro zum US-Dollar diametral gegensätzlich an den seit anderthalb Jahren intakten Widerstand bei 1,10$ ansteigen konnte. Trader dürften versuchen diesen Test des Widerstands erneut zu Shorten, doch da dieser bereits mehrmals angelaufen wurde, muss man mit einem zumindest vorübergehenden Anstieg des Euro über diesen Widerstand rechnen, weshalb der Stop-Loss eng an diesem Widerstand platziert werden muss.

Inflationszahlen und Zinserwartungen im Fokus

Nach den Erzeugerpreisen stehen am Mittwoch die US-Verbraucherpreise an, die Hinweise auf den Zinsentscheid der Fed im September geben werden. Der Anleihemarkt rechnet derzeit mit einer Zinssenkung um 75 Basispunkte bis Dezember 2024 auf 4,5%. Es wird erwartet, dass der monatliche Verbraucherpreisanstieg im Juli einen Tick höher ausfällt, wobei die Cleveland Fed für Juli und August einen noch höheren Wert voraussagen. Sollten die US-Inflationsdaten höher als erwartet ausfallen, könnte dies den Goldpreis etwas belasten, da dies die Wahrscheinlichkeit einer Zinssenkung verringern würde. Im Gegensatz dazu würde eine Abschwächung der Inflation die Wahrscheinlichkeit einer lockereren Geldpolitik erhöhen und somit den Goldpreis stützen. Zinssenkungen bergen das große Risiko, dass sich das stagflationäre Umfeld verstärkt, da diese keinen neuen Konjunkturzyklus mehr anstoßen können und stattdessen lediglich einen Preisanstieg nach sich ziehen werden, was letztlich wieder höhere Zinsen zur Folge haben muss.

Der am 9. August veröffentlichte harmonisierte Verbraucherpreisindex für die EU zeigt einen Anstieg von 2.6% im Vergleich zum vorherigen Wert von 2.5%. Dies entsprach den Erwartungen und bestätigt den fortgesetzten Inflationsdruck in der Eurozone. Der am 9. August veröffentlichte endgültige Verbraucherpreisindex für Deutschland lag bei 2.3%, was im Einklang mit den Erwartungen und leicht über dem vorherigen Wert von 2.2% lag. Diese Stabilität in der Inflation könnte die Europäische Zentralbank (EZB) dazu veranlassen, ihre Zinspolitik unverändert beizubehalten.

Gold-ETFs mit Zuflüssen im Juli

Im Juli 2024 verzeichneten globale Gold-ETFs die höchsten Zuflüsse seit April 2022 und zogen 3,7 Milliarden USD an, was den dritten Monat in Folge mit positiven Zuflüssen markiert. Diese Zuflüsse, kombiniert mit einem Anstieg des Goldpreises um 4%, erhöhten das weltweit verwaltete Vermögen (AUM) auf 246 Milliarden USD, ein Rekordhoch zum Monatsende. Die globalen Bestände stiegen um 48 Tonnen auf 3.154 Tonnen, den höchsten Stand seit Januar. Dennoch gibt es aktuelle noch einen Jahresverlust der globalen Gold-ETFs von 3 Mrd. USD, während die aggregierten Bestände im Jahr 2024 bisher um 72 Tonnen (-2%) gesunken sind.

Im Juli verzeichneten nordamerikanische Fonds einen Zufluss von ca. 31 Tonnen. Im Jahresvergleich 2024 bleibt für Nordamerika jedoch ein Nettoabfluss von 52 Tonnen und ein Rückgang von 2,9 Milliarden USD. Europäische Fonds verzeichneten im Juli einen Zufluss von etwa 18 Tonnen. Trotz dieser positiven Entwicklung verzeichnete Europa im bisherigen Jahresverlauf einen Abfluss von 66 Tonnen, was einem Verlust von 3,7 Milliarden USD entspricht. Asiatische Fonds verzeichneten im Juli einen Zufluss von ca. 8 Tonnen. Im Jahresvergleich hebt sich Asien als positive Ausnahme hervor, mit Zuflüssen von insgesamt 47 Tonnen und einem Plus von 3,6 Milliarden USD. Regionen wie Südafrika und Australien verzeichneten im Juli milde Zuflüsse von etwa 2 Tonnen. Im Jahr 2024 gab es bisher in diesen Regionen Zuflüsse von insgesamt 40 Millionen USD.

Trotz der starken Zuflüsse im Juli zeigt der Jahresvergleich 2024, dass Nordamerika und Europa weiterhin Nettoabflüsse in Höhe von insgesamt 118 Tonnen zu verzeichnen haben. Asien hingegen bleibt die einzige Region mit signifikanten Zuflüssen sowohl im Juli als auch im Jahresverlauf. Die globalen Bestände erholen sich langsam, unterstützt durch den starken Goldpreis und eine erneute Nachfrage nach sicheren Anlagen.

Zentralbanken kaufen im Juni mehr Gold

Im Juni meldeten Zentralbanken über den IWF und andere öffentliche Quellen einen Nettokauf von 12 Tonnen Gold. Die Nachfrage war in diesem Monat eher moderat, da Bruttokäufe von insgesamt 31 Tonnen durch Bruttoverkäufe von 18 Tonnen nahezu ausgeglichen wurden.

Zentralbanken aus Schwellenländern waren erneut die treibende Kraft hinter diesen Bewegungen. Die Zentralbank von Usbekistan und die Reserve Bank of India erhöhten im Juni ihre Goldreserven jeweils um 9 Tonnen, was auf eine anhaltende strategische Diversifikation ihrer Währungsreserven hindeutet. Auf der anderen Seite war die Monetary Authority of Singapore der größte Verkäufer und reduzierte ihre Goldreserven um 12 Tonnen. Dies könnte auf eine taktische Neuausrichtung im Rahmen ihrer Portfoliostrategie hinweisen.

Im bisherigen Jahresverlauf 2024 zeigt sich weiterhin eine starke Nachfrage nach Gold seitens der Zentralbanken, obwohl die Volumina der Bruttokäufe und -verkäufe im Vergleich zum Vorjahr etwas geringer ausfallen. Besonders bemerkenswert ist, dass Schwellenländer erneut die Hauptakteure sowohl bei den Käufen als auch bei den Verkäufen sind. Dies unterstreicht den anhaltenden Trend, dass diese Länder Gold als wichtiges Instrument zur Absicherung gegen globale wirtschaftliche Unsicherheiten und zur Stärkung ihrer Währungsreserven nutzen. Die vorsichtige Balance zwischen Käufen und Verkäufen deutet darauf hin, dass die Zentralbanken strategisch auf die sich verändernden globalen Finanzmärkte reagieren.

 

Weltweite Goldnachfrage fällt im 2. Quartal deutlich – OTC-Käufe unbekannter Herkunft waren für den Preisanstieg verantwortlich

Wenn das World Gold Council (WGC) titelt, die weltweite Goldnachfrage sei im zweiten Quartal stark gewesen und im Jahresvergleich um 4% auf 1.258 Tonnen angestiegen, so ist diese Aussage irreführend. In Wahrheit sank die Goldnachfrage im 2. Quartal im Jahresvergleich um 6% auf 929 Tonnen, wobei es Nachfragerückgänge in allen Bereichen gab, insbesondere ein starker Rückgang des Schmuckverbrauchs.

Da der Goldpreis in dieser Zeit jedoch stark war, muss es ein Defizit gegeben haben und Nachfrage von irgendwo anders hergekommen sein. Da die eigenen Umfragen, Schätzungen und Berechnungen des WGC nicht zu der Preisentwicklung passen, werden außerbörsliche OTC-Käufe in Höhe von 329,2 Tonnen hinzugedichtet, um diese Lücke zu schließen. Dadurch kommt man auf einen geschätzten Anstieg der gesamten Goldnachfrage um 4% gegenüber dem Vorjahr auf 1 258 Tonnen, was das höchste zweite Quartal in der Datenreihe des WGC seit 2000 ist.

Man sollte sich immer bewusst machen, dass es sich bei dem fundamentalen Research zu den Angebots- und Nachfrageströmen von Gold, Silber, Platin und Palladium immer nur um grobe Schätzungen handelt, da Angebot und Nachfrage weltweit nur statistisch geschätzt, aber nicht wirklich beobachtet werden können. Es ist daher eher die Regel, dass die Schätzungen und Prognosen überhaupt nicht mit der Preisentwicklung der Edelmetallpreise korrelieren, wie die letzten beiden Jahrzehnte zeigten. Man sollte daher niemals aufgrund dieser fundamentalen Einschätzungen eine Position am Markt eingehen. Sie können eine Marktanalyse bestenfalls ergänzen und einen guten Eindruck für die Zusammenhänge des Marktes verschaffen, doch niemals ein Mittel der Preisprognose sein. Folgend einige Highlights aus dem neuesten Quartalsbericht des World Gold Councils.

Während der hohe Goldpreis im zweiten Quartal den Schmuckkonsum beeinträchtigte und das Volumen im Jahresvergleich um 19% auf ein Vierjahrestief von 391 Tonnen sank, stiegen die Nettogoldkäufe der Zentralbanken um 6% auf 184 Tonnen an. Die weltweiten Bestände der börsengehandelten Goldfonds fielen im zweiten Quartal um 7 Tonnen, was einen positiven Kontrast zu dem Rückgang von 21 Tonnen im Vorjahreszeitraum darstellt. Die Nachfrage nach börsengehandelten Goldfonds in Industrieländern bleibt gering, da die Preise bis zum Jahr 2024 stark gestiegen sind. Dennoch deuten die weniger sichtbare außerbörsliche Nachfrage und die solide Sekundärmarktaktivität auf ein vorhandenes Anlegerinteresse hin.

Gold gilt als Absicherung gegen Inflation und wirtschaftliche Unwägbarkeiten, aber steigende Zinssätze mindern tendenziell die Attraktivität des Edelmetalls. Auch der gestiegene Goldpreis und das sich verlangsamende Wirtschaftswachstum belasten die Stimmung der Verbraucher, so der WGC. In China, dem Hauptabnehmerland für Goldschmuck, sank die Nachfrage im zweiten Quartal auf 86 Tonnen, was einem Rückgang von 35% gegenüber dem Vorjahr entspricht. Dies stellt einen Rückgang von 46% unter den Zehnjahresdurchschnitt dar und markiert das schwächste zweite Quartal seit 2009. Auch in Indien belasteten die Rekordgoldpreise die Nachfrage nach Goldschmuck im zweiten Quartal, die im Jahresvergleich um 17% auf 107 Tonnen zurückging. Dies ist das schwächste zweite Quartal seit dem zweiten Quartal 2021, als die Welt unter den Lockdowns litt. Das WGC glaubt, der Verbrauch werde sich in der zweiten Jahreshälfte 2024 verbessern, da eine Korrektur der lokalen Preise nach einer drastischen Senkung der Einfuhrsteuern erwartet wird. Insgesamt belief sich die Nachfrage nach Goldschmuck im ersten Halbjahr auf 271 Tonnen, 17% weniger als im Vorjahr und der niedrigste Stand seit dem ersten Halbjahr 2020.

Die weltweiten Einzelhandelsinvestitionen in Barren und Münzen gingen um 5% auf 261 Tonnen zurück, was hauptsächlich auf die schwache Nachfrage in westlichen Märkten zurückzuführen ist. Die Chinesen verbuchten hingegen mit 80 Tonnen die stärkste Nachfrage nach Münzen und Barren seit 2013.

Der Einsatz von Gold in der Technologie stieg hingegen im Jahresvergleich um 11%, da der Trend zur künstlichen Intelligenz die Nachfrage in diesem Sektor weiter beflügelt.

Während die Gesamtnachfrage deutlich fiel, stieg das Gesamtangebot im zweiten Quartal um 4% gegenüber dem Vorjahr an, aufgrund einer starken Minenproduktion von 929 Tonnen, was ein Allzeithoch für ein zweites Quartal in der WGC-Datenreihe ist, die bis ins Jahr 2000 zurückreicht. Auch das Angebot aus dem Recycling stieg um 4% auf 335 Tonnen an, womit das Volumen im ersten Halbjahr bei 684 Tonnen lag.

Der WGC erwartet, dass die wiederauflebenden Investitionsströme aus dem Westen die schwächere Verbrauchernachfrage und die möglicherweise langsameren Käufe der Zentralbanken im Vergleich zu 2023 ausgleichen werden, doch könnten die rezessiven Tendenzen zunehmen und in einer Wirtschaftskrise wären kurzzeitig sogar starke Liquidierungen von Investmentpositionen möglich, was ein Risiko für den Goldpreis darstellt. Die anonymen OTC-Käufe, die den Goldpreis in der ersten Jahreshälfte getrieben haben, könnten hingegen auch in der zweiten Jahreshälfte die Trendrichtung vorgeben. Auch mit den neuesten Zahlen des WGC bleibt der Goldpreisanstieg in diesem Jahr ein Rätsel, das wir womöglich erst in einigen Monaten lösen können.

Technische Analyse zu Palladium: Rezessionssorgen belasten Palladiumpreis

Terminmarkt: COT-Report

Der COT-Report wird immer freitags seitens der US-Terminmarktaufsicht (CFTC) veröffentlicht, wobei der Stichtag der Datenerhebung der Schlusskurs vom Dienstag ist. Die COT-Daten werden also immer mit einer Verzögerung von drei Tagen veröffentlicht. Premium Abonnenten von Blaschzok Research erhalten vor Handelsschluss am Freitag ein Blitzupdate mit Analysen zu Gold, Silber und Platin. Die COT-Daten ermöglichen einen Blick in die Zukunft, da sie einerseits ein Sentiment-Indikator sind und andererseits eine gute Einschätzung des Angebots und der Nachfrage am physischen Markt ermöglichen. Mit ihnen hat man einen Vorteil im Trading am Rohstoffmarkt.

COT-Daten für Palladium vom 9. August:

Der Palladiumpreis fiel zur Vorwoche um $26, während die Spekulanten mit 370 Kontrakten Short gingen. Das ist nicht viel. Der COT-Index zum Open Interest blieb nahezu unverändert und verbesserte sich nur um einen Punkt. Dies zeigt insgesamt eine Schwäche im Vergleich zur Vorwoche, was überraschend ist.

Mit einem COT-Index OI von 71 Punkten ist Palladium zwar überverkauft, doch zeigte sich im letzten Jahr Schwäche in den Daten

Fundamentales Angebot und Nachfrage – Defizit stimmt nicht mit Preisentwicklung überein

Das World Platinum Investment Council (WPIC) erwartet für das Jahr 2024 am Palladiummarkt weiterhin ein erhebliches Defizit, obwohl dieses im Vergleich zum Vorjahr um 5% reduziert wird. Die Hauptursache für dieses Defizit soll auf Störungen in der Minenproduktion und Verzögerungen im Recycling gründen. Die Gesamtminenanlieferung wird voraussichtlich um 6% gegenüber dem Vorjahr zurückgehen, bedingt durch die Verschiebung geplanter Wartungsarbeiten an der Nadezhda-Schmelzanlage in Russland und Umstrukturierungen bei verschiedenen Bergbauunternehmen. Auch wenn die Recyclingversorgung im Jahr 2024 um 6% wachsen soll, bleibt sie dennoch 25% unter dem Niveau von 2021.

Langfristig wird erwartet, dass der Palladiummarkt ab 2026 in einen Überschuss übergeht. Dieser Übergang ist jedoch stark von der Zunahme der Recyclingversorgung abhängig. Bis 2028 soll das Recyclingangebot auf ein Rekordniveau von 3.830 Koz steigen, was hauptsächlich durch das Erreichen des End-of-Life von palladiumreichen Fahrzeugen und Investitionen in Recyclingkapazitäten, insbesondere in China, getrieben wird. Die Minenproduktion wird sich ebenfalls erholen, insbesondere in Südafrika und Simbabwe, während Nordamerika aufgrund von unterlassenen Expansionen und Personalabbau einen Rückgang verzeichnen könnte.

Dennoch bestehen erhebliche Risiken für diese Prognosen. Verzögerungen bei der Erholung des Recyclingangebots und Unsicherheiten im Hinblick auf die Primärproduktion könnten das Defizit verlängern und den Übergang zu einem Überschuss weiter verzögern. Zudem könnten regulatorische Herausforderungen und geopolitische Unsicherheiten die Angebotsseite weiter belasten. Trotz dieser Unsicherheiten bleibt die Nachfrage nach Palladium aufgrund seiner wesentlichen Rolle in der Automobil- und Industrieproduktion robust, so die Sichtweise den WPIC.

Fazit: Der Palladiumpreis fällt bereits seit zwei Jahren aufgrund eines offensichtlichen Überangebots am physischen Markt, obwohl das WPIC von einem starken Defizit in den letzten beiden Jahren ausgeht. Sollte die Richtung der Prognose zumindest richtig sein und das Angebot zunehmen, sodass der Markt in den nächsten Jahren noch stärker in ein Überangebot rutscht, gibt es auf Sicht der nächsten Jahre wenig Hoffnung für den Palladiumpreis.

Technische Chartanalyse

Der Palladiumpreis konnte bisher nicht von der Rallye am Goldmarkt profitieren, was die Schwäche bzw. das Überangebot am Markt deutlich aufzeigt. Die wichtige langjährige Unterstützung bei 850$ wurde an dem Crashmontag der letzten Woche erneut angelaufen. Rezessionssorgen machen sich breit und der schnelle Einbruch des Palladiumpreises liefert einen Vorgeschmack auf das, was kommen dürfte, wenn die Weltwirtschaft in eine deflationäre Rezession abrutschen sollte. In diesem Fall wäre ein weiterer schneller Preisrückgang möglich.

Die technische Erholung der letzten Monate am Palladiummarkt war nur von kurzer Dauer, wie wir es erwartet hatten, da es ein persistentes Überangebot am physischen Markt gab. Folglich folgte auf die kurze Rallye ein noch erneuter Preisrückgang auf die langfristige Unterstützung bei 850$ je Feinunze.

Im Falle einer Rezession mit einer Verkaufspanik an den Märkten, wäre es möglich, dass der Palladiumpreis nochmals stark einbricht, weshalb man mindestens eine drastische Lockerung der Geldpolitik als Reaktion auf eine Rezession abwarten sollte, bevor man in Palladium investiert. Auch ein Preis von 570$ je Feinunze wäre in einer Wirtschaftskrise denkbar. Sollte das Angebot aus dem Recycling in den nächsten Jahren weiter zunehmen, wären noch niedrigere Preise denkbar.

Auf Sicht der nächsten Wochen bis Monate könnte sich die volatile Seitwärtsphase zwischen 850$ auf der Unterseite und 1.200$ auf der Oberseite fortsetzen, doch wenn der Goldpreis in der Handelsspanne verharren sollte und als nächstes wieder auf die Unterstützung bei 2.280$ fällt, dann könnte es erneuten Verkaufsdruck bei Palladium geben. Die Unterstützung bei 850$ könnte dann schnell brechen und ein weiterer schneller Preisrückgang wäre denkbar. Erst über 1.050$ würde der Abwärtstrend brechen und erneut Anstiegspotenzial bis 1.200$ entstehen, was im aktuellen Umfeld jedoch eine Verkaufschance wäre.

Es würde mich daher nicht wundern, wenn wir in diesem Jahr noch einen Preisrückgang bis in den Bereich von $600 oder tiefer in einer großen Rezession sehen. In den nächsten Jahren wird weiterhin ein Überangebot erwartet. Es gibt exogene Faktoren, wie eine Ausweitung des Krieges und folgende Lieferabbrüche aus Russland, die zu einem Preisanstieg führen könnten, doch erscheint das aktuell eher unwahrscheinlich zu sein.

Wenn die Unterstützung bei 850$ fällt, gibt es deutlich mehr Korrekturpotenzial für Palladium

Langfristige Analyse

Die sinkende Nachfrage durch den Umstieg auf Elektrofahrzeuge, sowie das wachsende Angebot durch den Anstieg des Sekundärangebots aus dem Recycling von Katalysatoren, könnte zu einem Überangebot in den nächsten vier Jahren führen, weshalb der Verkaufsdruck am Palladiummarkt anhalten dürfte. Eine wirtschaftliche weltweite Abkühlung belastet zudem den Preis.

Der Palladiumpreis erreichte jetzt wieder die langfristige Unterstützung bei 850 US-Dollar. Mit einer Rezession wäre ein nochmaliger starker Preiseinbruch denkbar. Die nächsten technischen Unterstützungsmarke liegt bei 850 US-Dollar und darunter bei 570 US-Dollar, was in einer Rezession im Rahmen eines Nachfrageschocks durchaus erreicht werden könnte. Dort sehe ich eine gute Chance für einen kurz- bis mittelfristigen Einstieg in Palladium. Die langfristige Perspektive ist aufgrund des erwarteten Anstiegs des Angebots aus dem Recycling ungewiss und die Preisentwicklung dürfte eher trendlos seitwärts verlaufen.

Der Bärenmarkt dauert bereits seit zwei Jahren an und ein Ende dessen ist erst nach einer Rezession in Sicht

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